Es ist ziemlich schwer, wenn man sein Leben als Christ führen möchte, aber als Wissenschaftler ausgebildet wurde und nicht am Eingang der Kirche seinen Verstand abgeben will. So fühle ich mich jedenfalls oft hin und her gerissen zwischen kindlichem Glauben und intellektuellen Zweifeln. Die oft einfachen und platten Antworten aus den Reihen der Erbauungsliteratur haben mich da ebensowenig befriedigt wie die zwanghaft atheistische Einstellung vieler Wissenschaftler.
Es scheint fast unmöglich zu sein, trotz Zweifeln an seinem Glauben festzuhalten. Man sieht die Widersprüche, die sich innerhalb der Bibel befinden und die Unvereinbarkeit biblischer Lehre mit wissenschaftlichen Erkenntnissen. Noch viel mehr stört mich aber die Diskrepanz zwischen gepredigter Lehre und dem tatsächlichen Leben vieler frommer Menschen. Zudem wird in den Kirchen egal welcher Ausrichtung oft übertrieben. Entweder sind sie übertrieben liberal, so dass die Auslegung der Bibel geradezu der Beliebigkeit preisgegeben ist. Oder sie sind übertrieben gesetzlich, in der guten Tradition der Pharisäer, wobei die moralische Lehre oft auf wenige Themen reduziert wird: Du sollst nicht rauchen, du sollst nicht saufen, du sollst keinen Sex außerhalb der Ehe haben.
Eine echte Hilfe zum Umgang mit schwierigen Themen in der heutigen Zeit und in dem Umfeld, in dem wir nun einmal leben, scheint wirklich schwer zu sein. So verwundert es mich nicht, das gerade wissenschaftlich gebildete Menschen den Kirchen den Rücken zukehren.
Markus Spieker, Historiker, Autor und Fernsehjournalist, beschreibt in seinem Buch einen ganz ähnlichen Eindruck von seinem Leben als Christ im Umfeld der kirchlichen und freikirchlichen Organisationen weltweit. Das war zunächst einmal wichtig für mich zu verstehen, dass ich nicht alleine so denke und dass es anderen genauso geht. Positiv überzeugt hat mich, dass er nicht versucht, einfache Lösungen für diese Fragen zu finden, sondern seinen Weg beschrieben hat, wie er mit diesem Spannungsfeld umgeht. Die Art und Weise, wie er bereit ist, einzelne Überzeugungen der kirchlichen Lehre in Frage zu stellen, ohne dabei seinen persönlichen Glauben zu verlieren, kann mir zum Vorbild werden.
Fazit: Das Buch ist für Menschen empfehlenswert, die mit ihrem Glauben an die Grenzen von Wissen und Verstand stoßen, die zweifeln aber nicht den Glauben verlieren wollen. Gut, dass endlich jemand das so offen ausgesprochen hat und dabei weder auf der einen noch auf der anderen Seite vom Pferd fällt.
Titel | Gott macht glücklich und andere fromme Lügen |
Autor | Markus Spieker |
Erschienen | 2013 bei SCM Hänssler Verlag, Holzgerlingen |
Auflage | 2. Auflage 2013 |
Format | gebunden, 173 Seiten |
ISBN | 978-3-7751-5504-5 |