Es gibt so viel, was man nicht muss

Buchtitel: Es gibt so viel was man nicht muss

Minimalismus ist ein Trend. Ein schöner Trend, denn es geht um das Loslassen, nicht mehr um das Festhalten. Doch gerade das fällt mir sehr schwer, denn ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als ich mit leeren Händen dastand und neidisch war auf die vollen Hände der anderen.

Inhalt

Tomas Sjödin ist Pfarrer, Autor und Publizist in Schweden. In diesem Buch veröffentlicht er eine Sammlung von Kolumnen, die er für mehrere schwedische Tageszeitungen geschrieben hat. Kurze Texte bringen jeweils einen Aspekt des täglichen Lebens auf den Punkt. Er zitiert im Vorwort einen Leserbrief, der den Sinn seiner Kurztexte passend zusammenfasst:

Eine gute Kolumne beschreibt etwas, was man schon wusste, worüber man aber nicht nachgedacht hatte.

Tomas Sjödin, S. 7

Im Rückblick auf seine Texte der vergangenen Jahre entdeckt er, dass ihn immer wieder die gleichen Themen beschäftigen, er findet den roten Faden in seinem Werk, genau genommen drei: die Vereinfachung des Lebens, sein christlicher Glaube und echte Liebe. In dieser Reihenfolge ordnet er auch die Kapitel im vorliegenden Buch an.

Der erste Teil enthält gute Gedankenanstöße für mehr Gelassenheit im Alltag. Es lohnt sich, die scheinbaren Zwänge im täglichen Trott zu hinterfragen und mitunter beiseitezulegen. Dafür gibt er hilfreiche und simple Beispiele. Sein erwachsener Sohn gibt ihm in überladenen Zeiten gerne mal den Rat:

Nimm’s passiv! So richtig passiv! Sonst riskierst du, dass das Leben einfach an dir vorbeigeht.

Tomas Sjödin, S. 47

Für die Texte über den Glauben wird er in Leserbriefen der Zeitungen gelegentlich kritisiert. Die Abonnenten lesen gerne seine Kolumnen, aber manchem passt es nicht, dass er die christliche Botschaft als integralen Bestandteil seines Tagesablaufs betrachtet. Klar, er ist Pfarrer, aber kann er das nicht auf sonntags beschränken? Dabei belegt er immer wieder, wie eng der Glaube mit dem Leben verwoben ist: Beispielsweise berichtet er von einem Freund, der in seinem Leben dramatische Erfahrungen gemacht hat. Er hat seine Frau und zwei Kinder verloren, trotzdem hält er am Glauben fest. Nicht, indem er Zweifel verbietet, sondern gerade durch Zweifel und ungelöste Fragen.

Ein realistischer Glaube hält deshalb an der Zweideutigkeit unseres Daseins fest, überlässt sich aber gleichzeitig dem Vertrauen, und er erwartet alles Gute von Gott.

Tomas Sjödin, S. 149

Im dritten Teil versucht Sjödin der wahren Liebe auf den Grund zu gehen. Nicht irgendeinem Gefühl, sondern einer bewussten Entscheidung, die sich selbst verschenkt. Diese Liebe ist kaum in Worte zu fassen und deshalb beschreibt er auch eher den Rahmen. Er berichtet von der Begebenheit, in der ein Mann durch ein Missgeschick die Frau seines Lebens kennenlernt, nachdem er eigentlich schon alle Hoffnung aufgegeben hatte. Wunderschön zusammengefasst ist das im letzten Satz des Abschnitts:

Wenn man nicht dort ankommt, wo man hinwollte, so kommt man vielleicht doch dort an, wo man hinsollte.

Tomas Sjödin, S. 194

„Liebe“ ist für den Autor nicht nur die Liebe zwischen Mann und Frau oder die Liebe innerhalb der Familie, auch Nächstenliebe und echte Freundschaft fallen in diese Kategorie. Eben jede Form des Zusammenlebens, die von sich selbst wegsieht und das Gegenüber fördert. Auch Liebe kann man vereinfachen, wenn Loslassen wichtiger ist als Festhalten.

Ein Zeichen wirklicher Freundschaft ist, dass sie immer mehr Menschen einschließen will.

Tomas Sjödin, S. 230

Da wo Teilen im Mittelpunkt steht und Eifersucht keinen Platz hat, da wird zwischenmenschliche Nähe in jeder Form gelingen.

Bewertung

Auch wenn dieses Buch eine Reihe von eigenständig veröffentlichten Kolumnen enthält, ist der rote Faden doch deutlich zu erkennen. Ich bin fasziniert, an wie vielen Stellen ich mich ertappt habe, wo ich die Welt zu kompliziert sehe. Und ich möchte die Vergangenheit und den Ballast loslassen, und frei und unbeschwert in die Zukunft gehen.

Natürlich birgt auch dieses Werk die Gefahr, dass man es am Ende zufrieden zuklappt und beiseitelegt. Es ist ja schließlich alles wahr und richtig, was dort geschrieben steht. Ich muss den Inhalt nicht bekämpfen oder widerlegen. Doch habe ich ihn dann überhaupt verinnerlicht? Mir hat es sehr geholfen, das Buch in kleinen Abschnitten abends vor dem Einschlafen zu lesen und das jeweilige Thema noch zu reflektieren oder mit in die Träume zu nehmen. Es wirkt, denn ich ertappe mich immer häufiger bei dem Gedanken: Ist das wirklich nötig? Geht das nicht auch einfacher?

Also vielen Dank dem Autor, das Ziel ist erreicht. Er hat mein Herz bewegt und meine Phantasie angeregt, selbst weiterzudenken. Ich empfehle dieses Buch ohne Einschränkung.

Fazit

Der schwedische Pfarrer und Autor Tomas Sjödin schreibt über Vereinfachung. Das Buch „Es gibt so viel, was man nicht muss“ enthält 77 Kolumnen, die er in schwedischen Zeitungen veröffentlicht hat. Wie der Untertitel verrät, geht es um die „Einfachheit des Lebens, des Glaubens und der Liebe“. Jeder Abschnitt ist nur drei Seiten lang und unabhängig. Doch bewegen sich die Texte stets entlang einer roten Linie durch diese drei Themenbereiche. Absolut empfehlenswert!

TitelEs gibt so viel, was man nicht muss - Von der Einfachheit des Lebens, des Glaubens und der Liebe
AutorTomas Sjödin
ÜbersetzerHanna Schott
ISBN978-3-417-26854-6
Veröffentlicht2018 bei SCM R. Brockhaus, Holzgerlingen
Originalausgabe2015 in Schwedisch unter dem Titel "Det är mycket man inte måste"
Auflage1. Auflage 2018
FormatGebunden, 251 Seiten
Dewey-Klassifikation242

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