Buchtitel: Michael Steinbrecher - Wendepunkte

Tod eines nahen Angehörigen, Krankheit, aber auch „nur“ Midlife-Crisis oder eine tiefgreifende Entscheidung gegen den Rat von Freunden und Verwandten, das alles sind Wendepunkte im Leben von Menschen im besten Alter.

„Nachtcafé“ heißt die Talkshow von Michael Steinbrecher im SWR, zu der er Gäste zu Themen quer durch die Gesellschaft einlädt. In dieser Sendung erzählen Menschen aus allen Schichten der Bevölkerung ihre Lebensgeschichte – oder zumindest einen Teil davon. Sie befriedigen damit nicht nur die Neugier der Zuschauer, sondern gelegentlich bekommen diese auch ein lehrhaftes Beispiel oder eine Entscheidungshilfe.

Menschen spenden einander Trost, ermutigen sich gegenseitig zu wichtigen Schritten im Leben und berichten, wie sie selbst einen relevanten Lebensabschnitt absolviert haben. Fachleute ergänzen die Erzählungen durch professionelles Hintergrundwissen. Mitunter werden die Lebenswege auch im Rahmen der sogenannten gesellschaftlichen Norm bewertet, jedoch (fast) nie verurteilt.

Nach 27 Jahren hat Wieland Backes die Talkshow im SWR Fernsehen zum Jahreswechsel 2014/2015 an Michael Steinbrecher übergeben. Die Sendung wird als eine der ersten themenbezogenen Gesprächsrunden konzipiert, meist sind mehrere Gäste, oft auch ein Experte zum jeweiligen Gegenstand eingeladen. Obwohl Steinbrecher einige Elemente des Formates umstrukturiert oder weggelassen hat, bleibt das Grundkonzept erhalten.

Das Buch berichtet in drei Blöcken über Wendepunkte im Leben von Menschen. Wendepunkte, die selbst gewählt wurden, Wendepunkte, die durch Krankheit und Tod aufgedrängt wurden und Wendepunkte, die von Umständen herbeigeführt aber von den Betroffenen gestaltet wurden, werden im Buch anhand mehrere Beispiele dargelegt. Dazwischen gibt es ein Kapitel mit Hintergrundinformationen einer Fachfrau.

Was in den Fernsehsendungen gut funktioniert, kommt im Buch leider nur ansatzweise herüber, denn die Gefühlsebene, die man im TV übermitteln kann, fehlt im Buch. Man sieht eben keine Tränen oder schmerzverzerrten Gesichter, man hört nicht wie die Stimmen in Trauer fast verlöschen oder vor Freude geradezu herausschreien. Für diese fehlende Ebene hat der Autor im Buch auch nicht wirklich einen Ersatz gefunden.

Trotzdem bietet das Buch eine gelungene Zusammenstellung von Kurzbiographien zu dem gewählten Thema „Wendepunkte“. Die Struktur ist logisch und gut nachvollziehbar. Als Leser sollte man keinen umfassenden Ratgeber zum Thema erwarten, sondern eben gedruckte Talkshow. Hier hätte ich mir gewünscht, dass der Moderator die Chance nutzt und den einen Schritt weiter geht.

Die Autoren versprechen im Buch, dass sie den gesamten Erlös an das Kinderhilfswerk Herzenssache e.V. spenden werden. Im Oktober 2017 wird der zweite Band der Reihe erscheinen mit dem Titel „Familienbande“.

Fazit: Das Buch enthält eine gut ausgewählte Zusammenfassung von Interviews mit Talkgästen aus der Sendung „Nachtcafé“ des SWR. Die Beispiele sind treffend angeordnet und durch einen Gastbeitrag der Expertin Angelika Kallwass angereichert. So wird dem Leser die Bandbreite von möglichen Wendepunkten im Leben exemplarisch vorgeführt. Das Werk ist jedoch nicht als Lebenshilfe gedacht, die etwaigen Schlussfolgerungen aus den Kurzbiographien muss der geneigte Leser selbst ziehen. Insgesamt gut.

 

Titel Wendepunkte
Wenn plötzlich alles anders ist
aus der Reihe: Nachtcafé
Autor Michael Steinbrecher
Erschienen 2017 bei Klöpfer & Meyer Verlag, Tübingen
Auflage 1. Auflage 2017
Format gebunden, 240 Seiten
ISBN 978-3-86351-428-0

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