Buchtitel: Utopia

Eine komplette Literaturgattung ist nach diesem Werk benannt: die Utopien. Der Begriff „Utopie“ ist zum Sinnbild für eine unrealistisch positive Zukunftsvision geworden.

Thomas Morus lebt um 1500 n.Chr. in England. Als junger Mann studiert er Jura sowie die lateinische und griechische Sprache. Er ist dafür bekannt, dass er unabhängige Urteile trifft. Einmalig in der Geschichte ist die Tatsache, dass er durch seinen Fleiß alle anliegenden Altfälle vor Gericht bearbeitet und entscheidet.

König Heinrich VIII. von England holt ihn als Lordkanzler an den Hofstaat. Er erhofft sich Unterstützung bei seiner angestrebten Ehescheidung. Obwohl Morus das Papsttum kritisch sieht, entscheidet er als Jurist, dass die Ehe nur vom Papst selbst aufgelöst werden könne. Von nun an gilt er als Feind der Krone. 1535 wird er hingerichtet, weil er den Treueschwur auf Heinrich den 8. nicht leisten will.

Sein berühmtestes Werk hat er ursprünglich in lateinischer Sprache verfasst, inzwischen ist es in viele Sprachen übersetzt. Der Titel lautet „De optimo rei publicae statu deque nova insula Utopia“ – „Vom besten Zustand des Staates und der neuen Insel Utopia“. Morus beschreibt darin eine Diskussionsrunde, an der er selbst teilnimmt. Ein Reisender berichtet von seinem Besuch und den Erfahrungen auf dieser fernen Insel.

Auf Utopia gibt es keinen Privatbesitz. Jeder Erwachsene muss arbeiten, allerdings nur 6 Stunden am Tag. Dadurch entsteht allgemeiner Wohlstand und die Überproduktion wird exportiert. Es gibt kein Geld – das sieht der Erzähler als Hauptgrund dafür, dass es in diesem Staat allen Einwohnern gut geht und kein Streit, Neid oder Geiz herrscht. Alle Menschen sind Handwerker und Bauern, aber wegen der allgemeinen Schulpflicht besteht ein hohes Bildungsniveau. Die wissenschaftlichen Vorträge sind für jedermann zugänglich und werden von den Bürgern mit Vorliebe in ihrer Freizeit besucht. Familien folgen dem traditionellen Familienbild und leben in Gruppen in einer Gemeinschaft zusammen, sie pflegen auch Tischgemeinschaft.

Ein weiteres Kennzeichen dieser Insel ist die praktizierte Religionsfreiheit. Obwohl diese ausdrücklich gilt, gibt es doch Priester und Tempel. Dort wird Religion auf Grundlage des kleinsten gemeinsamen Nenners einheitlich gelebt. Ferner steht fest, dass jede geduldete Weltanschauung monotheistisch und moralzentriert ist.

Einige Formulierungen weisen darauf hin, dass Thomas Morus dieses Werk teilweise satirisch gemeint hat. Viele seiner Ideen sind seiner Zeit voraus. Arbeitszeitverkürzung, freie Bildung für alle, Religionsfreiheit und die Abschaffung von Privatbesitz nehmen erst hunderte Jahre später eine wichtige Rolle in der politischen Diskussion ein. Insofern mag er mit dem Werk in jener Zeit Kritik geübt haben, dennoch hinterlässt er einen bleibenden Eindruck.

Doch nicht alles, was auf Utopia geschieht, ist aus meiner Sicht positiv. Zunächst gibt es dort Sklaven. Es ist zwar beschrieben, dass diese entweder Straftäter sind oder Ausländer, die freiwillig in den Sklavendienst eintreten, das widerspricht jedoch unserer Vorstellung von Gleichheit aller Menschen. Obwohl Privatbesitz abgeschafft wird und es kein Geldsystem gibt, spielt Geld bzw. Gold im Außenhandel, bei der Anheuerung von Söldnern und sogar als Begründung für einen berechtigten Krieg eine Rolle. So wird beschrieben, dass die Utopier Gold wie Dreck achten, weil es als Metall keine brauchbaren praktischen Eigenschaften besitzt, dennoch sammelt die Gemeinschaft Gold, um sich in der Außenbeziehung Vorteile zu verschaffen.

Zuletzt ist trotz der beschriebenen Religionsfreiheit die Rede von berufenen Priestern, die eine Art Gottesdienst für alle abhalten. Ebenso sind die Priester auch für die Unterrichtung der Kinder zuständig. Heute beschreibt man das als fehlende Trennung von Staat und Kirche. Auch die freie Wahl der Religionszugehörigkeit gilt nur im Rahmen der Vorstellungen einer guten Religion.

Ich bin der Meinung, dass ein Staat nach Vorbild Utopias nicht funktionieren kann. Schon Utopia kann nur als Insel und in der Abgrenzung zu den andersartigen Nachbarn existieren. Einige der positiven Eigenschaften wirken nicht mehr, wenn alle umliegenden Länder nach gleichem Prinzip arbeiten. Manche Regeln des Traumstaates können unsere Gesellschaft bereichern. Insgesamt kann die Vorstellung von allgemeinem Wohlstand ebenso wie der Kommunismus nicht funktionieren, solange es die menschliche Gier, die Missgunst gegenüber dem Nachbarn und die Verantwortungslosigkeit im Umgang mit fremdem Eigentum gibt. Allein durch die Abschaffung von Geld kann man diese Veränderung nicht erreichen.

Fazit: Thomas Morus beschreibt eine Idealgesellschaft auf einer fernen Insel, die nicht nur politisch, sondern auch sozial, menschlich und in allen anderen Belangen des Zusammenlebens perfekt funktioniert. Bereits in der Abhandlung wird klar, dass er diese Vorstellung nicht ernst nimmt. Das Buch ist richtungsweisend für viele folgende Generationen und gehört zu Recht zu den wichtigsten Werken der Weltliteratur.


 

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