Er ist Sänger bei den „Prinzen“. Sie haben a-cappella-Pop wieder salonfähig gemacht, darüber hinaus sind sie die erste Ost-Band, die nach der deutschen Einheit bundesweit Erfolge feiert. Er ist in einer glücklichen Partnerschaft und hat zwei Adoptivkinder zuhause. Scheinbar heile Welt, aber …
Inhalt
Jens Sembdner, in der DDR aufgewachsen, wird in den berühmten Kreuzchor in Dresden aufgenommen. Er lebt im Internat und lernt bei Chor-Auftritten Länder kennen, die für viele Menschen aus der DDR unerreichbar sind. 1988 lernt er die Liebe seines Lebens kennen, seine spätere Frau Silva. Sie heiraten, können keine eigenen Kinder bekommen, Adoptieren einen Jungen, später kommt noch seine Schwester dazu. Silva trägt seine Karriere mit und es sieht so aus, als sei alles in Ordnung.
Doch 2001 nimmt Silva sich das Leben. Das ansonsten harmonische Paar ist an diesem Abend im Streit auseinandergegangen. Für Jens bricht eine Welt zusammen, nichts passt mehr an seinen Platz. Er ist mit einer neuen Lebenssituation konfrontiert, auf die niemand jemals wirklich vorbereitet sein wird.
Seine Eltern, Schwiegereltern, die Kollegen von der Band und andere Menschen unterstützen ihn. Immer wieder erleidet er jedoch herbe Rückschläge. Zum Beispiel wird die nicht abgeschlossene Adoption des Mädchens zurückgenommen. In einem verzweifelten Moment versucht Jens Sembdner selbst, sich das Leben zu nehmen. Er wird gerettet.
In dieser Phase findet er Halt im Glauben an Gott. Er schließt sich einer Gemeinde an, die zuerst fürsorglich für ihn da ist, später empfindet er die Mitchristen aufdringlich. Seinen Glauben behält er auch, als er die Gemeinde verlässt. Ab da engagiert er sich in einer kleinen Dorfkirchengemeinde.
Er muss lernen, sich selbst und seiner Frau zu vergeben. Erst als er die Vergangenheit hinter sich lassen kann, findet er Frieden. Dieser schwere Weg, die inneren und äußeren Kämpfe füllen den größeren Teil des Buches.
Bewertung
Tief berührt hat mich der Erfahrungsbericht. Kann es einen Gott geben, der solch tragische Lebensumstände zulässt? Kann überhaupt ein Mensch die Kraft aufbringen, aus solchen Situationen wieder hinauszukommen?
Den Wert von Gemeinschaft, von guten Freunden und von professionellen Ratgebern habe ich durch diesen Erfahrungsbericht neu schätzen gelernt. Jens Sembdner beschreibt, wie es ihm schwergefallen ist, Hilfe anzunehmen. Darin kann er mir auf jeden Fall ein Vorbild sein.
Einer meiner Lebensregeln lautet: „Suche nicht den Schuldigen, suche nach einer Lösung“. Dass der Autor das am Ende geschafft hat, macht dieses Lebensbild für mich unendlich wertvoll. Natürlich gibt es im Rückblick immer Fragen und Zweifel. Wie er die überwunden hat, ist für mich die wichtigste Passage in diesem Buch.
Fazit
„Von unten betrachtet geht es nur nach oben“ ist eine sehr persönliche Autobiographie. Jens Sembdner, einer der Sänger von den „Prinzen“ berichtet vom Erfolg, von unglaublich tragischen Schicksalsschlägen und von seinem langen Weg aus dem Abgrund heraus. Offen, liebevoll und ohne Verbitterung blickt er auf die schwere Zeit zurück. Es berührt mich positiv, wie er nicht die Schuldfrage, sondern den Lösungsweg in den Mittelpunkt stellt. Nicht nur für Menschen in schweren Lebensumständen empfehle ich das Buch ohne Einschränkung. Danke, Jens Sembdner!