Kann man als Privatperson von den Methoden des IT-Projektmanagements lernen? Helfen solche Methoden, den normalen Alltag oder das Hobby zu verbessern? Wer keine Probleme hat, braucht keine Lösungen, was aber, wenn man merkt, dass man nicht weiter kommt?
Derzeit beschäftige ich mich viel mit diversen Theorien zum IT-Management sowie zum IT-Projektmanagement. Endlich ist einmal die Zeit, das in den vergangenen Jahren praktizierte zu reflektieren und neue Erkenntnisse für zukünftige Aufgaben zu erlangen. Neben der Theorie zum IT-Service-Management (Lebenszyklus eines Datenverarbeitungs-Verfahrens incl. Problembehandlung) habe ich zuletzt einige Ansätze für Projektmanagement insbesondere für Programmierprojekte betrachtet.
Zunächst muss man definieren, was überhaupt ein Projekt ist: Ein Projekt ist eine einmalige zusammenhängende Aufgabe, die ein definiertes Ziel in vorgegebener Zeit erreichen soll und dabei mit beschränkten Geld- und Arbeitskraftmitteln auskommen muss.
Wasserfallmodell: Das Projekt wird in viele kleine Einzelschritte zerlegt, die als aufeinanderfolgende Arbeitsschritte angeordnet werden. Arbeiten mehrere Personen an dem Projekt, können mehrere Schritte parallel laufen. Schritte, die auf dem Ergebnis der vorangegangenen Schritte aufbauen, können nicht in der Reihenfolge vertauscht werden. Das Ende eines Zwischenschritts nennt man Meilenstein. Das gesamte Projekt wird im Voraus geplant. Änderungen am Projektumfang stören den Ablauf. Neue Anforderungen werden auf ein neues Projekt verschoben.
SCRUM: Das Projekt darf sich mittleren Abständen ändern, dies ist eine Forderung, die oft von Kunden gestellt wird. Das Projekt wird in überschaubare Zeitabschnitte eingeteilt, sogenannte Sprints, in denen genau soviel Arbeit eingeplant wird, wie in der Zeit zu schaffen ist. Ein Sprint dauert meist 2-4 Wochen. Das Team hat eine große Besprechung am Beginn und am Ende eines Sprints, zusätzlich trifft es sich täglich um den Erfolg des vorangegangenen Tages und das Ziel des aktuellen Tages zu besprechen. Änderungswünsche werden auf einen zukünftigen Sprint, also eine überschaubare Zeit verschoben.
Kanban: Abgeleitet aus der japanischen Automobil-Industrie wird in diesem Modell das Projekt fortlaufend um neue Aufgaben ergänzt. Eine neue Aufgabe wird in kleine Arbeitsschritte zerlegt, die dann auf den Stapel (“Backlog”) gelegt werden. Der eigentliche Arbeitsschritt wird in 2-3 Stationen aufgeteilt, z.B. Arbeitsvorbereitung, Durchführung, Qualitätskontrolle (so auch bei SCRUM). Jedoch ist für jeden Zwischenschritt der Status “in Arbeit” und “fertig” definiert. Es gibt keine festen Zeiteinheiten, eine Aufgabe kann jederzeit in den nächsten Status versetzt werden. Da dies auf dem Board offensichtlich ist, muss es auch nicht in täglichen Meetings besprochen werden.
Ein interessantes Video (Englisch), in dem das Kanban-Prinzip ganz praktisch erklärt wird, indem der Autor Eric Brechner eine Fragestunde zu Kanban in einem Kanban-Board organisiert. https://youtu.be/CKWvmiY7f_g
Bei beiden letztgenannten Methoden wird in Teams gerne rein manuell, also an einer Tafel mit Klebezetteln gearbeitet. Nur für Teams, die über mehrere Orte verteilt oder aus verschiedenen Zeitzonen arbeiten, lohnen sich online-Tools.
Aber was kann ich für meinen Alltag denn nun aus diesen Methoden lernen? In meinem Alltag beobachte ich oft, dass ich dazu neige, neue Aufgaben mit viel Elan anzugehen, diese bisweilen halbherzig weiterzuführen und gelegentlich unfertig liegenzulassen, da eine andere, neue Aufgabe viel attraktiver erscheint.
Eines der zentralen Elemente von Kanban (z.T. auch SCRUM) ist die Begrenzung der aktuell bearbeiteten Aufgaben (WIP = Work in Progress). Hier wird festgelegt, wieviele angefangene und nicht fertiggestellte Aufgaben gleichzeitig pro Arbeitsschritt zugelassen werden. Dies Soll verhindern, dass mehr Aufgaben begonnen werden als realistisch abgeschlossen werden können. Bei Kanban, wo es keine festen Zeiteinheiten gibt, ist dies das zentrale Steuerungs-Element.
Würde ich nun mir selbst eine Beschränkung der WIP auferlegen, dann würde mich das dazu zwingen, begonnene Aufgaben oder Hobby-Projekte auch zuende zu bringen, und mich nicht vorzeitig von anderen dingen ablenken zu lassen. Neue Ideen kann man ja jederzeit ins Backlog einfügen.
Fazit: Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich meine Hobbies – oder gar mich selbst – nach einem solchen System organisieren soll, aber ich nehme mir vor, meine gleichzeitig begonnen Aufgaben “Work in Progress” zu begrenzen, damit ich Ziele auch erreiche.
P.S.: Wer das ganze doch gerne PC-gestützt machen möchte und ein Werkzeug ohne viel Verwaltungsaufwand sucht, sollte sich einmal Trello ansehen.
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