„Wer war das?“ – wenn ich in meiner Lehrzeit diesen Satz gehört habe, dann war klar, dass sich niemand meldet. Angst greift um sich. Muss der ungeschickte Mitarbeiter jetzt mit einer Strafe rechnen? Was hätte man denn tun sollen?
Quelle
Die Formulierung weiß ich nicht mehr, aber die Idee habe ich aus einem Vortrag über Qualitätsmanagement mitgenommen. Dieses Motto wurde vor einer Gruppe von Leitern ausgesprochen, alle haben genickt. Die Umsetzung war hinterher nach meiner Beobachtung eher gering.
Was bedeutet das für mich?
Da ich selbst einmal die Verantwortung für ein kleines Team hatte, habe ich diesen Satz verinnerlicht. Nach bestem Wissen und Gewissen habe ich versucht, bei entstandenen Fehlern dieses Prinzip anzuwenden.
Leider verwechseln viele Führungskräfte ihre Rolle mit dem Streben nach mehr Macht. Und es ist ein Beweis von Macht, wenn man mit dem Finger auf den Schuldigen zeigt und diesen für sein Fehlverhalten straft. Dabei wird gerne übersehen, dass die tatsächliche Ursache für einen Fehler oft in einer mangelhaften Organisation liegt.
Im Vorfeld kann ich Fehlerquellen minimieren, wenn ich exakte Anweisungen gebe und ausreichend Mittel bereitstelle. Bei vorbeugenden Maßnahmen überprüfe ich dann regelmäßig, ob sie im Alltag umgesetzt werden.
Entsteht dann trotzdem ein Fehler, nehme ich ihn zum Anlass und ermittle, an welcher Stelle Ausbildung, Materialeinsatz oder der Auftrag nicht ausreichend waren. So kann ich fortlaufend dafür sorgen, dass der gleiche Fehler nicht noch einmal passiert. (Siehe auch Regel 8)
Verfolgtes Ziel
Eine gute Zusammenarbeit fördert die gegenseitige Vorsicht und Rücksicht. Das ist auch ein Akt der Nächstenliebe, wenn ich die Fehler nicht zuerst auf das Versagen des anderen schiebe. Die gemeinsame Suche nach einer Lösung für ein Problem fördert den Zusammenhalt in einem Team und erhöht tatsächlich die Qualität.
Passt das zu meinem christlichen Glauben?
Im krassesten Sinne: JA! Nachdem der erste Mensch sich aktiv gegen Gott entschieden hatte und nach ihm alle anderen auch, hätte Gott ja ebenfalls sagen können: „Wer war das?“ – und dem menschlichen Leben ein Ende setzen. Bei der Geschichte rund um Noah war er kurz davor.
Doch Gott hat sich dafür entschieden, nicht länger nach dem Schuldigen zu fragen (im Zweifelsfall also nach mir), sondern eine endgültige und dauerhafte Lösung für das Problem zu suchen. Er sendet seinen Sohn Jesus auf die Welt, um die Fehler der anderen ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. Jesus korrigiert nicht nur ein wenig, er trägt sogar die Strafe, die ich eigentlich verdient hätte.
Es steht also fest: Durch die Sünde eines einzigen Menschen sind alle Menschen in Tod und Verderben geraten. Aber durch die Erlösungstat eines einzigen Menschen sind alle mit Gott versöhnt und bekommen neues Leben.
Die Bibel, Römer 5,18
Welch ein Vorbild, auch in dieser Sache!
Für mich oder für andere?
Diese Regel funktioniert nur gemeinsam. Jeder, der mit anderen einmütig ein Ziel verfolgt, muss diesen Lösungsansatz befolgen. Egal ob an der Arbeit, in der Gemeinde oder im Hobby: Fehler passieren. Sie verlieren aber ihre Tragik, wenn alle zusammen nach einer Lösung suchen.
Persönliches
Ich kann bestätigen, dass es mir erst einmal sehr schwergefallen ist, diese Regel dort umzusetzen, wo ich verantwortlich war. Mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen, ist halt sehr bequem.
Ich muss in Vorleistung treten und aktiv das Grundvertrauen aufbauen, das dafür nötig ist. Das wächst erst wenn die Kollegen nach mehreren „glimpflich verlaufenen“ Vorfällen gemerkt haben, dass sie einen Fehler besser gleich eingestehen, statt ihn zu vertuschen. Es muss sich in einem Team, einer Mannschaft oder einem Freundeskreis herumsprechen, dass Fehler Machen bei mir erlaubt ist. Wenn alle gemeinsam an einer Lösung arbeiten, begreifen sie auch, dass der Erfolg höher ist, wenn man frühzeitig damit beginnt.
Es hat mich zu Beginn Überwindung gekostet, das Vertuschen eines Fehlers stärker zu rügen, als den Fehler selbst. Doch wenn der Punkt des Vertrauens erreicht ist, spart diese Regel einem Team viel Energie, die direkt in die Lösung investiert werden kann.
Dieser Beitrag ist Teil meiner Reihe über meine eigenen Lebensregeln.
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