Honi der Regenmacher hat einen Kreis um sich auf den Boden gemalt und gesagt, er wird den Kreis nicht verlassen, bevor es regnet. Dann hat er zum Gott Israels gebetet. Und es regnete, womit eine mehrjährige Dürreperiode in Palästina vorbei war. Diese Geschichte aus dem “Buch der Legenden” vom ersten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung hat den amerikanischen Pastor Mark Batterson dazu veranlasst, sein Leben als Christ neu aufzuziehen.
Das Buch Kreiszieher dreht sich um Gebet in verschiedenen Formen. Gebet ist nicht nur ein Ritual in christlichen Kirchen und Gemeinden, Gebet ist ein Lebensstil. So jedenfalls definiert es der Autor und ändert daraufhin sein Gebetsleben. Er betet konkret, er betet für große Ziele und Wunder, er betet kontinuierlich und er ändert die äußere Form seines Gebets. So betet er beispielsweise bei Spaziergängen für die Gegend, die er durchwandert – und umgekehrt durchwandert er betend die Straßen, die ihm am Herzen liegen.
Ebenso praktiziert er andere Gebetsstile, die er aus einzelnen biblischen Geschichten ableitet. Gebet im Knien gehört dazu, ebenso Gebet in Kombination mit Fasten oder Gebet durch eine ganze Nacht hindurch. Er betet um Wunder, die so groß sind, dass Zufälle beinahe ausgeschlossen sind. Seiner Meinung nach beleidigen kleine Gebetsanliegen den allmächtigen Gott.
Ziel des Autoren ist es, den Leser für ebensolches Gebet zu begeistern und zu ermutigen. Dabei schießt er gelegentlich über das Ziel hinaus. Nicht nur, dass er wie häufig im Umfeld der amerikanischen Freikirchen ein Evangelium des Wohlstands voraussetzt, sondern auch dass er in seinen Erklärungen recht häufig Anleihen aus der Wirtschaft oder der Management-Lehre nimmt. Zwar betont er immer wieder, dass Gott kein Automat ist, der auf ein Gebet in stets gleicher Reaktion antwortet, dennoch geht er mit ebendieser Erwartung an seine Gebete. Es ist hilfreich, dass er die schwierigen Themen nicht ausklammert und nicht verschweigt, z.B. dass auch Gebete um die Gesundheit von Angehörigen mitunter unerhört bleiben.
Meine Kritik am vorliegenden Buch möchte ich an drei Ausdrücken festmachen, die der Autor verwendet und vermutlich selbst erfunden hat: Sturm beten – damit bezeichnet er ein anhaltendes und wiederholtes Gebet für immer dasselbe Anliegen. Beharrlichkeitsquotiont – eine fast mathematische Betrachtung der Frage, ob der Beter bereits ausreichend für ein Anliegen gebetet hat. Kontrafaktische Theorie – was wäre passiert, wenn Figuren aus der Bibel, die durch sich durch ausdauerndes Gebet ausgezeichnet haben, kurz vor der Erfüllung ihres Anliegens aufgegeben hätten. Besonders der letzte Begriff ist für mich gleich doppelt unverständlich, denn zum einen ist er naturwissenschaftlich nicht haltbar: Aus einer nicht erfüllten Voraussetzung folgt nicht automatisch ein negatives Ergebnis. Zum anderen würde diese These massiv gegen ein Verständnis von Gott als Idealbild eines liebenden Vaters verstoßen.
Trotz all dieser Kritik hat mich dieses Buch doch an mehreren Stellen positiv erreicht und verändert. Es ist für mich tatsächlich wichtig geworden, meine Gebete konkret zu formulieren (auch wenn ich das nicht als “Ziel” benennen würde). Auch die Beharrlichkeit im Gebet ist eine geistliche Übung, die schon meine Großeltern als hohes Gut gelehrt und gelebt haben. Vor allem aber die Vielfalt der Form, die ein Gebet einnehmen kann, hat mich neu begeistert. Ein Ideales Gebet stelle ich mir immer noch so ähnlich vor wie bei der Filmfigur Don Camillo, der einfach mitten im Alltag was ihn bedrückt direkt und laut mit Gott besprochen hat.
Fazit: Das Buch liefert gute Anregungen zum Thema Gebet. Ich rate aber davon ab, den Inhalt unreflektiert zu übernehmen, denn die Argumentationskette ist an etlichen Stellen fragwürdig. Trotzdem empfinde ich das Buch als inspierierend. Wegen der Einschränkungen lautet mein Gesamturteil aber insgesamt nur befriedigend.
Titel | Kreiszieher Kühn beten – und Wunder erleben |
Autor | Mark Batterson |
Übersetzer | Doris C. Leisering |
Erschienen | 2013 bei SCM Verlag, Witten |
Auflage | 5. Auflage 2015 |
Format | Taschenbuch, 272 Seiten |
ISBN | 978-3-417-26529-3 |