Minimalismus ist einer der großen Trends dieser Tage. Jeder findet Minimalismus gut, jeder behauptet, er könne jederzeit mitmachen, wenn er nur wollte. Doch die wenigsten probieren es aus – und haben dann auch noch Erfolg. Woran liegt das?
Inhalt
Das vorliegende Buch wurde bereits 1980 verfasst, und auch wenn der Begriff damals noch nicht „Minimalismus“ hieß, die Idee ist keineswegs neu. Schon die alten griechischen Philosophen waren mit dem Konzept vertraut und die Generationen, die im letzten Jahrhundert die Weltkriege miterlebt haben, mussten minimalistisch leben.
Doch gerade diesen Leuten konnte die Werbeindustrie erfolgreich das stetige Bedürfnis nach „mehr“ vermitteln. Das betont auch der Autor an mehreren Stellen im Buch. Dabei nimmt der Materialismus eine Stellvertreter-Rolle ein. Menschen vermissen Lob, Anerkennung oder Liebe – und füllen diese Lücke mit Konsum.
Der Weg zu einem Leben ohne Überfluss geht daher über die Selbsterkenntnis. So schreibt der Autor:
Je mehr ich mich mit meinem eigenen Überflussproblem beschäftigte, um so deutlicher erkannte ich, daß ich zwar fürchtete, meinen Besitz wieder zu verlieren, andererseits wurde mir klar, wie wenig ich ihn bisher wirklich genossen hatte.
Josef Kirschner, S. 64
Der Weg zur Freiheit führt über die Selbsterkenntnis. Verzicht bedeutet, sich von den Fesseln der Werbung und des Konsums zu lösen. Häufig ist der Konsum aber eine Fluchtreaktion, wenn ich mich nicht meinen eigentlichen Aufgaben stellen möchte oder Angst vor der unbequemen Wahrheit habe. Wenn ich dieses Problem löse, dann erübrigt sich der gedankenlose Konsum quasi von selbst.
Dieses Buch kreist tatsächlich immer um die Fragestellung „Wie finde ich aus dem Kreislauf des Überflußverhaltens wieder zurück zu mir selbst […]“
Josef Kirschner, S. 163
Das Fazit des Autors ist: Ich muss wieder Verantwortung für mein Leben übernehmen, nicht länger hoffen, dass jemand anderes meine Probleme löst. Und dann darf ich auch meinen Wohlstand genießen. Überfluss fängt da an, wo ich mehr habe, als ich brauche, und meine Güter mich nicht mehr glücklich machen.
Bewertung
Der Autor führt den Überfluss auf einen Mangel an Selbstbewusstsein oder Liebe zurück, damit hat er vermutlich recht. Ich stimme ihm uneingeschränkt zu, dass man aus dieser Falle nicht herauskommt, wenn man stets den bequemen Weg wählt.
Für mich gibt es gerade einen wichtigen Grund, mit mit dieser Fragestellung auseinanderzusetzen,denn ich bin wieder einmal auf Wohnungssuche. Meine Habseligkeiten füllen zwei ganze Lagerräume. Ich stelle mir die Frage, was davon ich in den letzten Monaten des Verzichts tatsächlich vermisst habe.
Es ist wohl nicht viel, denn ich kann auch in sparsam ausgestatteter Umgebung schnell zu einem Gefühl des Glücks und der Zufriedenheit kommen. Dennoch gebe ich zu, ich vermisse meinen Plattenspieler und die Schallplatten, ich vermisse meinen bequemen Sessel und auch einige meiner vielen Bücher.
Und obwohl ich das weiß, fällt es mir doch schwer, mich von all meinen Besitztümern zu trennen. Ein kluger Mensch (ich weiß leider nicht mehr, wer) hat einmal gesagt, es sei einfacher, wenn man durch einen Unglücksfall sein ganzes Hab und Gut verloren hat, als wenn man nur die Hälfte verliert. Oh, wie wahr ist diese Aussage.
Ob ich den Mut finde, mich von einem Großteil meiner „Sachen“ zu trennen und eine Wohnung zu nehmen, die deutlich kleiner ist als bisher, das weiß ich noch nicht. Ich arbeite daran…
Fazit
Josef Kirschner zeigt in seinem Buch bereits 1980 auf, welche Ursachen hinter Überfluss und Konsumzwang stehen. Er benennt mögliche Wege aus diesem Teufelskreis. Dabei verschweigt er nicht, dass der Weg viel Kraft kostet und oft wie ein Abenteuer anmutet. Eine gute, wenn auch ich-bezogene Beschreibung der modernen Gesellschaft und eines möglichen Auswegs. Gut zu lesen, an manchen Stellen wiederholt er die Gedanken etwas zu oft.